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Was ist das Schulzenamt?

Der Name "Schulz", wie wir ihn in Verbindung mit dem Dorfschulzen, Freischulzen oder Kölnischen Schulzen als Oberhaupt einer Dorfschaft immer wieder lesen, ist aus dem lateinischen Wort "scultetus" = Schultheiß, Schulze entstanden. Ein alter Amtstitel (zu Schuld und heißen) vermutlich mit der Ausgangsbedeutung "der die Schuld (Leistung) anordnet, der die Pflichten festsetzt."

Die vom Deutschen Orden gegründeten Dörfer wurden regelrecht auf dem Reißbrett geplant und die entsprechenden Stellen für die Anlage eines Dorfes ausgesucht. Es mußte ja auch die Wasserversorgung gesichert, Holz zum Bauen und Heizen vorhanden, und der Zugang zu den geplanten Feldern möglich sein. Als Grundmaß für eine Bauernstelle nahm man meistens eine, aber auch bis zu vier Hufen an. (1 Hufe = 16,8 ha).

Der Deutsche Orden wollte ja das von den Prussen eroberte Land dauerhaft besiedeln; denn nur so konnte man ja das Land erhalten. Und von den erhobenen Steuern und Abgaben an Naturalien mußte der Orden ja leben.

Während in Deutschland viele Bauernsöhne keine Chance hatten, jemals einen Hof zu besitzen, war das Ordensland zwar nicht leer (es gab ja auch prussische Dörfer), aber es gab noch jede Menge Land zu bestellen. Daher wurde vom Orden ein "Lokator" bestimmt, der nun in die Nachbarländer zog (meistens kam der Lokator auch aus einem der Länder in die er zum Werben zog) und eine "Dorfschaft" zusammenwarb. Mit dieser zog er dann ins Ordensland und begründete das neue Dorf an vorbestimmter Stelle. Der Orden gab ihm als Lohn für seine Mühen das Erbschulzenamt, was in der sogenannten "Handfeste" dokumentiert wurde. Durch oft gemeinsame Besiedelung eines Platzes mit Menschen aus dem gleichen Herkunftsraum kam es auch vor, dass sich in einigen Dörfern Dialekte und Gebräuche erhalten haben, die sich von anderen Dörfern deutlich unterschieden.

Dieser zum Schulz ernannte Lokator war also künftig das Oberhaupt der Dorfschaft, deren Mitglieder die Bauern waren, die bis ins 19. Jahrhundert als "Nachbarn" bezeichnet wurden. Wer das Sagen hatte setzte auch die Regeln für die Dörfer fest. Der Orden stellte eine "Handfeste" aus, die ab und zu auch revidiert wurde. Die Dörfer wurden patriarchalisch regiert. Der Schulz war verpflichtet, diese Gesetze anzuordnen, durchzuführen oder zu überwachen. Nicht umsonst natürlich, - solche Posten hatten auch immer Privilegien! So bekamen die Schulzen gleich von Anfang an ihre 4-6 Hufen (auch Huben genannt) Land zum zinsfreien Nutzen. Diese "Schulzenhufen" waren an das Schulzengrundstück genauso gebunden, wie das Schulzenamt selbst. Wer den Schulzenhof besaß war damit auch Schulz.

Zum Nutzen gehörten auch die Einnahmen aus der "Kleinen Gerichtsbarkeit", die der Schulz ausüben durfte. Ihm zur Seite standen auch 2 Ratsmänner oder Dorfgeschworene, damit er nicht ganz so selbstherrlich agieren konnte. Die "Große Gerechtigkeit" wo es um "Hals und Hand" ging, übte anfangs der Orden aus, später die Städte selbst. Aber auch wenn hier Geldbußen fällig waren, ging der Schulz nicht leer aus: ein Drittel der Bußen waren sein! Im Volksmund "Denunziantendrittel" genannt.

Zu den Pflichten des Schulzen in der Ordenszeit gehörte im Kriegsfalle der Kriegsdienst oder die Gestellung eines Reiters mit Harnisch! Doch viel wichtiger war seine Arbeit in der Dorfgemeinschaft, wo er die Einteilung der Bauern zur Feldbestellung vornehmen und anordnen mußte; denn in der damaligen Gemeinheitwirtschaft hatte zwar jeder Bauer einen Hof zu eigen, nicht aber die Felder. Der Bauer hatte nur Anteile an der Bestellung und am Ertrag! Das änderte sich erst im Laufe des 19. Jahrunderts, als in unserer Heimat nach und nach die "Separation" durchgeführt wurde. Dabei wurden die Felder den Höfen fest zugeteilt und jeder konnte anbauen, was er für vorteilhaft hielt. Nach dieser Zusammenlegung der Felder enstanden, weil der Weg zu einigen Feldern zu weit war, auch die sogenannten Abbauten.

Der Schulz mußte im Dorf für Ordnung und Recht sorgen und auch das Scharwerk regeln. Das waren Pflichtarbeiten mit Mann und Gespann für die Stadt, den Orden, oder aber auch für die Dorfgemeinschaft (Holzfahrten, Wege, Teiche, Brücken, Gräben, Anger usw.). Außerdem hatte er über Sitten und Gebräuche im Dorfe zu wachen. Es gab auch Gesetze gegen Luxus und Spiel, und gegen nächtliche Gelage in den Krügen. Je nach Stand waren Größe und Art von Familienfesten geregelt und auch der Kirchgang war Pflicht und durfte ohne triftigen Grund nicht versäumt werden. Zuwiderhandlungen wurden mit Geldstrafe oder Knast bestraft; Einwohner, Knechte und Mägde, die den untersten Stand darstellten, machten auch schon mal mit dem Stock Bekanntschaft. Strafen gegen Nachbarn durften nur als Geldstrafe ausgesprochen werden!

Alljährlich mußte der Schulz mit seinen Ratsleuten die Dorfgrenze umreiten und feststellen, ob sich irgend etwas daran geändert hatte. Ebenso mußte er die Wege untersuchen, ob sie dem Ordensgebot noch entsprachen. Vorgeschrieben war eine Breite von 16 Fuß, damit eine Begegnung mit einem anderen Fuhrwerk nicht zur Katastrophe wurde. Selbst die Breite der Auffahrt zu den Höfen war mit 7 Fuß Breite vorgeschrieben.

Da das Schulzenamt erblich war, gab es viele Familien, in denen ständig das Schulzenamt hin und her vererbt wurde. War einmal kein Erbe da, so wurde ein geeigneter Kandidat von der Schulzentochter oder Schulzenwitwe geheiratet und schon gab es ein neues Dorfoberhaupt. Allgemein heiratete, wie soll es anders sein, Geld zu Geld – Hof zu Hof!