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5. Kapitel
  • Die Säkularisation von Kirchengütern im Bereich der jetzigen Erzdiözese Paderborn.
  • Die Güter des Paderborner Domkapitels.
  • Der domkapitularische Wald bei Blankenrode.
  • Die domkapitularische Mühle in Blankenrode

Im Anschluss an die Aufhebung des Klosters Dalheim i.J.1803 möge eine Übersicht über die Säkularisation von Kirchengütern im Bereich der jetzigen Erzdiözese Paderborn folgen, um zu zeigen, welche Verluste die katholische Kirche zu Beginn des vorigen Jahrhunderts in Deutschland erlitten hat. Die Preussische Regierung war entschlossen, sämtliche Klöster und Stifter nach und nach einzuziehen, wurde aber an der weiteren Säkularisation durch die politischen Ereignisse(Schlacht bei Jena und Auerstädt, Frieden von Tilsit usw.) gehindert. Im Bereich des neu erstandenen Königreiches Westfalen wurde die Einziehung von Kirchengütern rücksichtslos weitergeführt. Durch Dekret vom 1.12.l8l0 wurden in Paderborn unter anderem das Domkapitel und das Stift zum Busdorf aufgehoben.

Zuerst soll Einiges über die Säkularisation zu Anfang des vorigen Jahrhunderts mitgeteilt werden;die Angaben sind grösstenteils entnommen der auch heute noch sehr lesenswerten Schrift von Dr. N. Rudolphi Dr.Rudolphi war Sohn des Lehrers in Nordborchen, dessen ich in der Familiengeschichte Erwähnung getan habe. "Zur Kirchenpolitik Preussens", Paderborn 1897.

Preussen verlor durch den Frieden von Lüneville 1801 an Frankreich 48 Quadratmeilen mit 127.000 Einwohnern und 1.400.000 Gulden Jahreseinkünfte, bekam dafür durch die Säkularisation: 235½ Quadratmeilen mit 558.000 Einwohnern und 3.800.000 Gulden Jahreseinkünfte, also ein sehr gutes Geschäft! Im Bereich der jetzigen Erzdiözese Paderborn sind säkularisiert nach und nach bis etwa 1840


Ohne die Stellen in den gemischten, teils katholischen, teils protestantischen Stiftern und ohne das begüterte Domstift in Paderborn fielen der Säkularisation anheim im ganzen 89 Männer- und Frauenklöster allein im Bereich der heutigen Erzdiözese Paderborn. Wie wir oben Siehe oben Seite 24. schon hervorgehoben haben, hat Preussen im Jahre 1803 den Anfang der Klosteraufhebung gemacht, die westfälische Regierung in Kassel verfuhr noch radikaler, aber Preussen hat nach dem Abzug der Franzosen die Säkularisation oder Beraubung der katholischen Kirche zu Ende geführt.

Durch den Frieden von Lüneville vom 9.2.1801 ist eine Säkularisation oder Beraubung der katholischen Kirche in denkbar grösstem Massstabe durchgeführt. Die katholische Kirche Deutschlands hat ihre äussere Machtstellung in den früheren geistlichen Kurfürstentümern und Fürstbistümern eingebüsst und fast ihr ganzes Vermögen verloren. - Der Staat Preussen hat nach Berechnung von Dr.Rudolphi in der Schrift "Zur Kirchenpolitik Preussens" ein Vermögen von etwa einer Milliarde durch die Säkularisation hinzubekommen. Bei einer Verzinsung von 3 v.H. würde das jährlich 30 Millionen ergeben, denen die jetzigen Staatsleistungen an die katholische Kirche in Preussen von nur einigen wenigen Millionen gegenüberstehen. Das Domkapitel in Paderborn besass vor der Säkularisation ein bedeutendes Grundvermögen.

Der Geldwert des Grundbesitzes wurde abgeschätzt:
Ökonomie in Lügde20.000 Rtlr.
Ökonomie in Atteln1.717 Rtlr.
Ökonomie in Bredenborn30.000 Rtlr.
Ökonomie in Husen23.280 Rtlr.
Ökonomie in Blankenrode3.940 Rtlr.
Kleehof zu Elsen, alte Ökonomie und das Westfälische Gut zu Lippspringe35.500 Rtlr.
Einzelne Grundstücke10.712 Rtlr.
Waldungen62.398 Rtlr.
Zehnten241.821 Rtlr.
Gebäude und Mühlen in Paderborn55.026 Rtlr.
Andere verpachtete Mühlen3.230 Rtlr.
2 Zehnt Scheuern in Lichtenau und Atteln700 Rtlr.
Sa.488.324 Rtlr.

Die Domkapitularischen Waldungen sind in vorstehender Aufstellung mit 62.398 Rtlr. angesetzt; es handelt sich aber um einen Waldbesitz von 14.701 2/3 Morgen. Von Dr. Bernard Amedieck "Das Forst- und Jagdwesen im Hochstift Paderborn" Westf. Zeitschrift Bd. 66, wird der Waldbesitz auf 15000 Morgen angegeben. Da die Aufführung der einzelnen Waldbezirke des lokalen Interesses nicht entbehrt, so möge sie zum Teil folgen:

Waldungen des Paderborner Domstiftes:
zu Etteln2437 Morgen
zu Dahl773 Morgen
zu Dören b. Paderborn727 Morgen
zu Hamborn514 Morgen
zu Altenbeken45 Morgen
zu Upsprunge232 Morgen
bei Esbestinghausen(?)111 Morgen
bei Kirchborchen286 Morgen
bei Wewer351 Morgen
bei Blankenrode2000 Morgen
bei Husen1000 Morgen
bei Atteln2044 Morgen
bei Henglarn1620 Morgen
bei Bredelar1309 Morgen
Forstdistrikt des Benefizias bei Tilli130 Morgen

Der grössere Teil der Waldungen des Domkapitels lag in den Gemeinden des Altenautales, nämlich 9.387 Morgen in den Gemeinden Blankenrde, Husen, Atteln, Henglarn, Kirchborchen. In der im folgenden Abschnitt mitgeteilten Abschrift der Eintragung im Hypothekenbuch des Forstfiskus worden bezüglich des Domkapitularischen Waldbesitzes bei Blankenrode nachstehende Forstdistrikte aufgeführt:


Über die Erwerbung des grossen Domkapitularischen Waldes bei Blankenrode von 2000 Morgen ist bis jetzt ein genaueres Bild noch nicht gewonnen. Nach einer Urkunde in Staatsarchiv in Münster (Kriegs-und Domänenkammer Minden XIV.Nr.70) gehörte im 15. Jahrhundert das Hatteyer und Schneefelder Holz den Domkapitel. Bei der bereits mitgeteilten Verpfändung des III. Teiles des Blankenroder Waldes an die Stadt Warburg Siehe oben Seite 15f. wird der Waldbesitz des Domstiftes erwähnt.

Die Domkapitularischen Wälder, soweit sie Gesamtbesitz des Kapitels und nicht einzelner Pfründen (Obödienzen) waren, unterstanden einen Domherrn, der den Titel "Domkellner"( cellerarius capituli) führte, dem die Verwaltung der Stiftsgüter und das Rechnungswesen unterstanden. Zur Unterstützung in dieser Verwaltung stand dem Domkellner der Obervogt zur Seite; letzteren unterstanden die Holzvögte, auch Förster genannt, oder die Dorfrichter, denen die örtliche Aufsicht über die benachbarten Waldungen oblag.

Die Besoldung der Forstbeamten war in allgemeinen recht kärglich; es fehlte ausserdem die forstliche Ausbildung. So können wir uns erklären, dass die Forstbeamten auf Nebenverdienst sahen, und dass von einen geregelten Forstbetrieb wenig zu merken war, wie dieses aber bei allen damaligen Waldungen der Fall war. Die damaligen Wälder waren bei uns in Westfalen fast ausschlisslich Laubwälder. Ende des 18. Jahrhunderts hat allerdings das Domkapitel mit der Einführung des Nadelholzes begonnen. Beim Holzabtrieb wurden zunächst abständige und unfruchtbare Bäume gefällt.

Der Forstschutz erstreckte sich vor allen auf Sicherung der Grenzen durch Schnadzeichen; dieses waren z.B.Schnadkühlen, Schnadbäume, die mit einen Kreuz angehauen waren, Schnatsteine usw. Von Zeit zu Zeit wurden Schnadezüge zur Grenzsicherung mit den Nachbarn und einem Notar veranstaltet. Im Kapselarchiv Münster Nr. 259 haben wir mehrere notarielle Protkolle solcher Schnadezüge unter anderem vom 31.3.1697 und vom 1.6. 1778, letztere unter Teilnahme des Domkellners von Elmendorf, des Obervogtes, der Vertreter der Freiherren von Spiegel in Borlinghausen, Schweckhausen und Helmern und der Vertreter der Stadt Warburg. Unter den Teilnehmern wird auch der Domkapitularische Förster Johannes Lauhoff Siehe unten Seite 75. aus Blankenrode erwähnt.

Eine ziemlich bedeutende Einnahme des Domkapitels, besonders in sogenannten fruchtbaren Jahren, war die Waldmast; man rechnete auf gute Mast von Eicheln und Bucheckern in durchschnittlich 60 von l00 Jahren. Die Waldmast wurde an die benachbarten Gemeinden verpachtet, die dann auch die Mast der Schweine des Kapitels und der Forstbeamten dulden mussten.

Eine weitere Einahme bildete die Forstgerichtsbarkeit. Die Holzgerichte wurden regelmässig alle 2 Jahre durch den Domkellner abgehalten. Die Strafgelder fielen dem Kapitel und ein kleiner Teil auch den Förstern und Richtern zu.

Auf dem Jahrgericht in Blankenrode im Jahre 1803 wurde Martin von Rüden mit 1 Tlr. 12 Sgr. bestraft, die er sofort bezahlte, sein Schäfer mit 3 Tlr., wahrscheinlich wegen Weideübertretungen. Vor dem Domkap. Jahrgericht in Blankenrode wurden i.J. 1803 u.a. aus Westheim Anton Plempe mit 3 Tlr. 6 Sgr. "Holzbrüchten". Bernhard Sievers und Bernd Bielefeld mit der hohen Strafe von je l0 Tlr. 6 Sgr., ebenso wegen Holzdiebstahl Einwohner aus Kleinenberg, Ossendorf, Menne und Dössel bestraft.

Andere derartige Domkapitularische Gerichte wurden u.a. in Atteln, Etteln und Lichtenau abgehalten. Die Haupteinnahmequelle aus den Waldungen bildete jedoch die Holzverwertung für den eigenen Bedarf der Domherren und deren Beamten, sowie einzelne Holzentnahmen für Domkapitularische Bauten und Mühlen, ferner die Abgabe von Deputatholz für zehnt- und dienstpflichtige Bauern, sowie Verkauf von Holz, darunter auch des sog. Kohlholzes für gewerbliche Unternehmungen und Holzverwertung zum Aschebrennen für das sog. Büken und für Dungzwecke.

Die Verwendung des Holzbestandes in den abgelegenen Blankenroder Waldungen bei den unglaublich schlechten Wegverhältnissen der damaligen Zeit erstreckte sich vor allem auf die Verwendung für industrielle Zwecke, also auf das sog. Kohlholz.- Im Forstdistrikt "Grünen Hütte" zwischen Blankenrode und Hardehausen Siehe auch Heimatkalender des Kreises Büren 1923,Seite 8l. wurde von 1674 - 1679 eine Glashütte betrieben, die dem Domkapitel jährlich an Pacht 150 Tlr. einbrachte, wofür allerdings der Betriebsinhaber freie Holzentnahme aus den umliegenden Waldungen hatte; Eichen und besonders" Fruchtbäume" durften jedoch nicht gefällt werden. Weshalb der Glashüttenbetrieb nicht fortgesetzt ist, entzieht sich vorläufig unserer Kenntnis. Hat der Betrieb aufgehört, weil bei den schwierigen Transportverhältnissen und unsicheren Zeiten sich die Sache nicht lohnte, oder hat das Domkapitel etwa wegen zu befürchtender Waldverwüstung gekündigt?

Das sog. Anweisegeld, das die Förster bei Holzverkäufen erhielten, wurde vom Kapitel und nicht von der Glashütte getragen. Das unverkäufliche Holz wurde auch zu Asche gebrannt zum sog. Büken und besonders zum Düngen der Felder. Die Flurbezeichnung "auf der Asche" in der Blankenroder Feldmark mag an diese Art der Holzverwertung erinnern. Mein Grossvater Ludwig von Rüden hat öfter davon erzählt, dass sie Pottasche gebrannt und damit gedüngt hätten.

In der Hauptsache sind die Eichen des Blankenroder Waldes zu Bauzwecken auf den nahegelegenen Domkapitularischen Besitzungen verbraucht, also für den Eigenbedarf des Kapitels. Nach Kapselarchiv 265 wurden im Jahre 1762 "behufs Reparierung und Einrichtung des Ökonomiehauses in Blankenrode" angewiesen 6 Eichen; i.J.1766 wurden dem Förster in Blankenrode für Reparatur seines Hauses 3 Eichen im Werte von 2 Tlr. gegeben; i.J.1767 finden wir Bewilligungen von Eichen, für die Domkapitularische Mühle zu Husen; und dem Müller in Blankenrode werden 2 Eichenstämme zwecks Befestigung des Mühlendammes zugewiesen; i.J.1768 desgleichen 2 Eichen zur Reparatur an Burgplatz zu Husen; für Wasserinnen (Dachrinnen) an der Mühle und Hausbau bei der Ökonomie in Blankenrode je eine Eiche; den Pächter Johann Heinrich Nolten in Blankenrode werden zum Bau einer Stallung 4 Eichen umsonst gegeben. Es wurden aber auch Eichen verkauft, so wurden zum Beispiel 1768 an verschiedene Einwohner aus Ossendorf, Scherfede und Warburg für 47 Tlr. Eichen verkauft.

Aus den Verkauf von Kohlholz für gewerbliche Unternehmungen in Eisenhütten erzielte man die höchsten Einnahmen. So werden an 4.9.1762 zur Abtragung an Kriegskontributionen während des damals noch fortdauernden Siebenjährigen Krieges für die nächsten 3 Jahre an Johann Theodor Müller zu Warstein 150 Schock Kohlholz zu je 25 Tlr. Frankfurter Kurs verkauft und so eine Einnahme von 3750 Taler erzielt. An Iggel in Stadtberge werden i.J.1767 an Kohlholz 20 Schock zu je 6 Pistolen verkauft und i.J.1768 werden dem letzteren Unternehmer weitere 16 Schock 40 Malter Kohlholz "zugemaltert".- Nach den Vertrage von 13.11.1787 darf Faktor Willecke aus Stadtberge (?) auf 6 Jahre alljährlich 20 Schock Kohlholz zu je 41 Tlr. 18 Sgr. in den Blankenroder Waldungen schlagen.

Den Köhlereibetrieb im Schneefelder Walde habe ich in neiner Gymnasialzeit, als ich die Ferien bei Grossvater in Blankenrode verlebte, noch kennengelernt.

Von Domänenrat Reimann finden wir in der Vermögensaufnahne des Paderborner Domkapitels von Jahre 1804:

Die Blankenroder Waldung, gross 1931 (?) Morgen, grenzt an den königlichen Dalheimer und Hardehauser Forst, besteht aus 16 einzelnen Distrikten, ist durchgehends mit Buchen verschiedenen Alters bestanden, z.T. auch mit alten Eichen und teilweise auch Birken. Die durchschnittlichen Einnahmen aus den Blankenroder Waldungen von 1797 bis l802 betragen 1.524 Tlr. 20 Gr. 6Pfg., mithin recht bedeutend. - Es werden jährlich für Kohlholz geschlagen: 20 Schock zu 60 Malter gerechnet; als Verkaufswert für das Schock sind 60 Tlr. 9 Mariengroschen angesetzt.- Der Wald ist bereits zu stark angegriffen; es sei deshalb Schonung notwendig, und die Herabsetzung des jährlichen Einschlages von 20 auf 12 Schock wird in Vorschlag gebracht. - Die Gesamteinnähme des Domkapitels aus den Waldungen wird auf 7082 Tlr. 19 Mgr. 8 Pfg. veranschlagt.

Im Jahre 1714 vollzog das Domkapitel mit Kloster Dalheim einen Tauschvertrag, durch den die Augustiner auf bestimmte Zehntrechte bei Amerungen verzichteten, dafür aber das Fischereirecht in der Altenau bis zum Schneefelderberge erhielten. Eine weitere Vereinbarung zwischen Dalheim und Domstift Paderborn erfolgte wegen der Mühle in Blankenrode, die dem Domkapitel gehörte. Das Kloster Dalheim besass die nicht unbedeutende Mühle in Neumühle, die in der Regel für eine jährliche Pacht von 150 Tlr. mit bestimmten Ländereien von etwa 40 Morgen an einen Conductor verpachtet war. Dieser Pächter hatte natürlich das grösste Interesse daran, die mahlpflichtigen Bauern und Einlieger besonders aus Meerhof als ständige Kunden zu behalten. Zum Domkapitularischen Besitz in Blankenrode gehörte auch die schon erwähnte Mühle, zu deren Betrieb das Wasser der noch kleinen Altenau aufgestaut wurde. Der Dorfteich bildete den Mittelpunkt der kleinen Dorfsiedlung. Ich habe die kleine, moosbewachsene Mühle mit den Dorfteich in meiner Jugend noch, gekannt; die malerische Mühle ist leider aus den Dorfbild inzwischen verschwunden.

Zur Beseitigung der unangenehmen Konkurrenz in Müllereibetriebe verhandelte Kloster Dalheim mit dem Paderborner Domkapitel, letzteres verpachtete die Blankenroder Mühle dem Kloster durch den Vertrag von 3.ll.1784. Die Pacht betrug nach dem letzten Vertrag von 19.2.1802 jährlich 20 Tlr. Die gepachtete Mühle in Blankenrode wurde stillgelegt, und die Meerhofer mussten wohl oder übel in der Klostermühle zu Neumühle mahlen lassen. Nach Kapselarchiv 42 Nr.79 wird zum Jahre 1613 berichtet, das die Einwohner von Meerhof sowohl in Neumühle als auch in Blankenrode mahlen dürften; Kloster Dalheim wolle aber diese Freiheit nicht gewähren.


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